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Lebensmittelpreise und die Nöte der Menschen in Lwala

Wachsende Nahrungsmittelproblematik auch in Kenia

Stark schwankende und steigende Lebensmittelpreise sowie wachsende Ernährungsunsicherheit sind ein globales Phänomen unserer Zeit, das besonders die Länder des globalen Südens hart trifft. Auch in Kenia, als ein Land mit einer hohen Armutsrate, leiden große Teile der Bevölkerung an Hunger, der durch den raschen Anstieg der Lebensmittelpreise deutlich verstärkt wird. Nyota e.V. unterstützt bedürftige Familien der Gemeinde Lwala durch Soforthilfen mit Lebensmitteln. Im Rahmen des Community Empowerment Programms setzen wir langfristig u.A. auf Fortbildungsangebote für Kleinbäuerinnen und Kleinbauern zu nachhaltigen Anbaumethoden, um die (kleinbäuerliche) landwirtschaftliche Produktivität zu stärken.

Ein Blick auf die Ursachen der Problematik

Die Preise für viele Rohstoffe und essenzielle Grundnahrungsmittel sind bereits in den letzten Jahren dramatisch angestiegen und haben sich in den vergangenen Monaten und Wochen teils mehr als verdoppelt. Auch die Bevölkerung in Kenia trifft dies hart, den viele Menschen leiden ohnehin an Hunger. Zur wachsenden Lebensmittelnot in Kenia und speziell der Region Lwala tragen mehrere Gründe bei:

  • Starkes Bevölkerungswachstum: Aufgrund der rasch zunehmenden Bevölkerungszahlen übersteigt der Bedarf an Lebensmitteln aktuell die Produktivität der Region.
  • Sinkende landwirtschaftliche Produktivität: Die verminderte Fruchtbarkeit vieler Böden sorgt für Versorgungsengpässe bei wichtigen Lebensmitteln. Grund dafür sind Monokulturen u.A. des Zuckerrohranbaus und fehlende Bodenkultivierung, die zu ausgelaugten Böden führen. Das Wissen um den natürlichen Erhalt der Bodenfruchtbarkeit ist vielerorts fast vollständig verloren gegangen. Gentechnologisch veränderte Sorten sollten Abhilfe schaffen, erfordern jedoch einen höheren Einsatz an Düngemitteln und verursachen somit höheren Kosten und problematischen Abhängigkeiten.
  • Drastische klimatische Veränderungen: Die lang anhaltenden Dürren gefolgt von hohen Niederschlagsmengen in der Region belasten die landwirtschaftliche Produktion und verringern Erträge. Sie erschweren zudem die Planung für den richtigen Zeitpunkt der Aussaat.
  • Unterinvestitionen in die ländliche Infrastruktur: Der Transport von Arbeitskräften und Gütern ist durch unbefestigte Straßen schlechter Qualität beeinträchtigt. Fast alle Güter werden innerhalb des Landes durch LKWs und Busse transportiert. Preissteigerungen von Öl und Treibstoff wirken sich somit unmittelbar auf die Nahrungsmittelpreise aus.
  • Armut: Ein großer Teil der Bevölkerung ist aufgrund fehlender Arbeitsplätze nicht erwerbstätig. Zudem ist das Einkommen der meisten Beschäftigten gering. Die Menschen haben daher kaum Geld zum Kauf von Lebensmitteln. Zudem sind die meisten Einwohner in Lwala als Lebensunterhalt auf den Anbau von Lebensmitteln auf ihrem Land im Familienbesitz angewiesen. Da die Anbauflächen vielerorts an Fruchtbarkeit verloren haben und die Familien wachsen, herrscht weit verbreitet Armut in der Region.
  • Globale Ereignisse sind lokal spürbar: Durch die Pandemie verloren viele Menschen in Kenia ihr Einkommen. Durch den aktuellen Krieg in der Ukraine fallen landwirtschaftliche Exportgüter wie Weizen oder Mais aus. Kenia exportierte bisher große Teile seines Bedarfs an Weizen und Mais aus der Ukraine und Russland.

Preisentwicklung von Nahrungsmitteln in den letzten 6 Monaten in Kenia

NahrungsmittelBisher in Kes*Aktuell in Kes*Preissteigerung in %
Brot 400g55 Kes90 Kes63%
Zucker 1 kg150 Kes180 Kes20%
Planzenöl 1 Liter300 Kes460 Kes53%
Maismehl 2 Kg150 Kes200 Kes33%
Fleisch 1 Kg 500 Kes620 Kes24%
Bohnen 1 Kg180 Kes250 Kes40%
Tomaten 1 Kg100 Kes200 Kes100%
Zwiebeln 1 Kg100 Kes150 Kes50%
Weizenmehl 2 Kg160 Kes200 Kes25%
Reis 1 Kg 150 Kes250 Kes66%
Milch 1 Liter110 Kes180 Kes63%
Fisch 1 Kg500 Kes600 Kes20%

* Beträge in Kes (Kenianischer Shilling, schwankende Umrechnungskurse, 1 € = 128 Kes, 13.02.2022

Die Lebensmittelhilfe: eine große Erleichterung für die Familien der Nyota-Patenkinder

Aufgrund dieser Notlage ist direkte Hilfe mit Nahrungsmitteln besonders wichtig. Daher hat Nyota die Lebensmittelhilfe, die bisher an die Familien der Kita-Kinder verteilt wurde, im Jahr 2021 und 2022 auf Grundschulkinder und ihre Familien ausgeweitet. Auch haben wir letztes Jahr eine Weihnachtsaktion durchgeführt – damit alle von Nyota betreuten Waisen mit vollem Magen Weihnachten feiern konnten. Die Lebensmittelhilfen haben eine Reihe positiver Auswirkungen für die Kinder, folgende Veränderungen konnte das kenianische Nyota Team feststellen:

  • Häufigerer Schulbesuch: Die Anzahl an Fehltagen der Schüler:innen ist deutlich gesunken, seit die Kinder die Lebensmittelhilfen erhalten.
  • Bessere Schulleistung: Konzentrationsfähigkeit und Interesse der Schüler:innen ist seit Beginn der Lebensmittelhilfen merkbar angestiegen.
  • Geringere Anzahl an Schwangerschaften: Aufgrund der Nahrungsmittelkrise in den bedürftigen Familien werden vermehrt Mädchen im Teenageralter im Tausch gegen Nahrungsmittel sexuell ausgenutzt. Die Lebensmittelhilfen können die Familien unterstützen, um dies zu verhindern und die Anzahl der Schwangerschaften minderjähriger Mädchen zu reduzieren.
  • Weniger Schulabbrecher: Der häufigste Grund für den vorzeitigen Schulabbruch ist, dass aufgrund der Nahrungsmittelknappheit und Armut auch die Kinder zur Hilfe auf den Feldern oder als Arbeitskräfte benötigt werden. Durch die zusätzlichen Hilfen kann auch diese Situation entspannt werden, damit mehr Kinder ihre Schulausbildung fortsetzen können.

Für viele Familien der Nyota Patenkinder sind diese Sofortmaßnahmen eine große Unterstützung und Erleichterung. Aus diesem Grund planen wir, weitere Hilfen im Jahr 2022 durchzuführen und auch Schüler der Sekundarstufe in die Familienhilfen miteinzubeziehen. Spenden zur Unterstützung sind herzlich willkommen.

Der Nyota Organic Green Garden wächst weiter

Die Schwankungen bei den Lebensmittelpreisen waren im Jahr 2021 – verstärkt durch die Corona-Pandemie – besonders hoch. Daher leisteten die Erträge, die im Rahmen des Community Empowerment Programms von teilnehmenden Kleinbäuerinnen und Kleinbauern der Organic Farming Workshops erbracht wurden, einen bedeutenden Beitrag zur Lebensmittelsicherheit in der Gemeinde. Im Vergleich zum Vorjahr konnten auch auf den Feldern des Nyota Green Gardens höhere Erträge erzielt werden. Das Nyota Organic Garden Team besteht inzwischen aus sieben fest angestellten Mitarbeiter:innen. Neue Anbaumethoden konnten erprobt und die Artenvielfalt des Gartens erweitert werden.

Um die grundlegende Versorgung der Nyota Kindertagestätte zu gewährleisten, wurde im ersten Halbjahr 2021 Mais, Hirse, Bohnen, Erbsen, verschiedene Gemüse- und Obstsorten angebaut. Unsere Moringa-Bäume bedurften einer intensiveren Pflege als sonst. Um die KiTa-Küche möglichst durchgehend mit frischen Ernten versorgen zu können, wurden im Abstand von ein bis zwei Wochen Gemüsepflanzen angebaut. Im zweiten Halbjahr wurden 80 weitere Obstbaumsetzlinge gepflanzt, um die Vielfalt Obstgarten und führten zu einer reichhaltigen Obsternte. Zudem wurde mit dem Anbau von Erdnüssen begonnen, der Anfang dieses Jahr erste Früchte trug. Auch der Anbau von Heilpflanzen schritt voran – Neben Artemisia Annua und Roselle konnten weitere Moringa Bäume gesetzt werden eingerichtet und Samen für den weiteren Anbau geerntet werden. Moringa sowie zweimal wöchentlich Artemisia-Grüntee sind neue Bestandteile des Speiseplans bei Nyota.

Die Produktivität des Nyota Green Gardens

Wert der Erträge und Ersparnisse nach Anbauflächen (Plots, Beträge sind gerundet)

ArtPlotpro Wochepro Monat pro Jahr
GetreideA15 €60€720€
GemüseB20€80€960€
ObstA20€80€960€
ObstB12€48€576€

Community Empowerment Program: Organic Farming Workshops

Im letzten Jahr konnten wir wieder mehrere Organic Farming Seminare für teilnehmende Kleinbäuerinnen durchführen. Aufgrund der COVID-Situation wurden die Schulungen aufgeteilt und nun fünf ausgewählten repräsentativen Flächen in verschiedenen Gemeinden durchgeführt. Die Teilnehmerzahlen bei den kostenlosen Schulungen variieren, jede der 5 Gruppen hat jedoch konstant 20 Mitglieder – so konnte das Wissen über nachhaltigen biologischen Anbau an etwa 100 Landwirte der Region Lwala weitergegeben werden. Dieser nachhaltige Wissenstranfer ist Nyota sehr wichtig, um die Lebensmittelknappheit in der Region möglichst langfristig zu verbessern. Ausführlichere Informationen dazu in diesem Beitrag „Community Empowerment und der Nyota Organic Green Garden“

Aktuelle Bedarfe:
Weitere Spenden werden benötigt, um Materialien für die Trainingsgruppen der Kleinäuerinnen und Kleinbauern anzuschaffen: Schubkarren, Handschuhe, Gummistiefel, Werkzeuge, Kuhdung und Saatgut.

Durch die Lebensmittelhilfen sowie durch die Schulungen der Bauern im Thema nachhaltige Landwirtschaft leistet Nyota einen entscheidenden Beitrag zur Förderung der Nahrungsmittelsicherheit in der Reion Lwala. Diese wertvolle Arbeit können Sie mit einer Spende oder einer Förderpatenschaft unterstützen.

Text: Nyota Team Kenia, Marie Lechler, Fotos: Alexander Krziwanie, Biko Collins