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Aktuelles aus Kenia: Starke Inflation erschwert die Lebensmittelbeschaffung

Update Oktober/November 2022: Zum Start des letzten Drittels des Schuljahres in Kenia macht die wirtschaftliche Situation den Familien in Lwala schwer zu schaffen. Die noch angespannte politische Lage in Kenia und der Krieg in der Ukraine treiben die Inflation und damit die Preise für Grundlebensmittel in die Höhe. Das Nyota Team arbeitet daher an Vorkehrungen, um die Familien in den nächsten Monaten verstärkt unterstützen zu können.

Das Schuljahr 2022 in Kenia – der Betrieb läuft auf Hochtouren

Nach einer Woche Ferien begann Anfang Oktober das letzte Trimester des Schuljahres 2022 für staatliche Primary und Secondary Schools. Dieses schlieβt Ende November mit einer drei Tage dauernden Prüfungszeit, in der die 7. Klasse an der KCPE-Prüfung teilnimmt während die 6. Klasse die erste nationale CBC-Prüfung ablegt, um das Kenya Certificate of Basic Education (KCBE) zu erlangen. Beide Jahrgänge haben dann die Primary School offiziell beendet, sofern die jeweiligen Prüfungen bestanden worden sind. Durch den Wechsel in das neue Bildungssystem werden in diesem Jahr also zwei Jahrgänge ihren Abschluß machen, gesamthaft 34 Schülerinnen und Schüler.

Und auch das Nyota-Team in Kenia arbeitet momentan auf Hochtouren: In der Tagesstätte betreuen Madam Grace und Madam Rose die 35 Nyota KiTa Waisen. Für einen reibungslosen Ablauf kümmert sich das Team um die Organisation der KiTa, die Besprechung von Leistungen, Nachhilfe sowie vereinzelte Konfliktlösungen und organisiert Zahlungen, Materialkäufe und Familienhilfen – das alles im steten Austausch mit anderen Schulen, Eltern und Schüler:innen aus Primary- und Secondary Schools sowie den Colleges.

Video: kurze Szene aus der Lwala Primary School; Bild unten links: Unterricht in der Lwala Secondary School; Bild unten rechts: Sauberes Trinkwasser durch den neuen Wasserfilter Paul

Wahlen, Inflation und steigende Lebensmittelpreise – Die Lage in Kenia

Bereits die letzten Jahre machten der Bevölkerung in Kenia durch die Folgen der Corona-Pandemie und der Dürreperioden zu schaffen. Doch nun verschärft sich die Situation weiterhin: Grund hierfür ist zum einen der Krieg in der Ukraine und die damit verbundene Verteuerung der Nahrungsmittel-Importe. Zudem leidet Kenia unter einer hohen Inflation, zuletzt von 9,2%, und den damit gestiegenen Preisen. Besonders der hohe Preis für Treibstoffe wirkt sich stark auf alle Produkte und vor allem auf Grundnahrungsmittel aus, da diese fast ausschließlich über den Landweg befördert werden. Allein im August war der Preis für Lebensmittel im Vergleich zum Vorjahresmonat um über 15% erhöht.

Zudem herrschte Sorge vor Unruhen, die im Zusammenhang mit den Wahlen in Kenia im August auftreten könnten. Hierbei stand für uns die Sicherheit der Kinder, Familien und des kenianischen Nyota Teams im Vordergrund. Die Wahl verlief glücklicherweise weitestgehend friedlich und es kam zu keinen größeren Ausschreitungen. Die Bekanntgabe der Wahlergebnisse zog sich mehrere Tage hin und war überschattet von Uneinigkeiten innerhalb der Wahlkommission. Am Ende unterlag Raila Odinga knapp dem bisherigen Vizepräsidenten William Ruto, der inzwischen als neuer Präsident Kenias vereidigt wurde und das Amt angetreten hat.

Sorge vor den kommenden Monaten – Nyota bereitet sich vor

Neben den alltäglich anfallenden Aufgaben arbeitet das Nyota Team aktuell an Vorkehrungen gegen die sich verschlechternde Lage in Kenia. So werden die Bestellungen für das kommende Schuljahr frühzeitig getätigt, um den immer länger werdenden Lieferzeiten zu begegnen. Besonders wichtig ist zudem das Anlegen von Nahrungsmittelvorräten: Viele Familien leben in prekären finanziellen Verhältnissen und sind bereits jetzt nicht mehr in der Lage, ihre monatliche Kosten zu decken. Durch die kontinuierlichen Preissteigerungen ist es absehbar, dass sich die Familien in den kommenden Monaten zunehmend nicht aus eigener Kraft versorgen können. Das Nyota Team legt daher aktuell Vorräte an Getreide, Reis und Bohnen an, um diese bei Bedarf verteilen zu können. Zwischenzeitlich werden bereits vereinzelt Familienhilfen in Form von Lebensmittelpaketen bedarfsorientiert verteilt.

Fotos: Feldarbeit des Green Garden Teams auf Plot A; Begrüßung am Morgen in der KiTa; Maisernte zur Versorgung der KiTa Kinder; frische Bananen aus dem Nyota Green Garden; Mittagessen in der Nyota Kindertagesstätte

Die Wichtigkeit der Eigenversorgung

Ein wichtiger Pfeiler für mehr langfristige Nahrungsmittelsicherheit ist der verstärkte Eigenanbau: Neben der Bewirtschaftung der bestehenden Anbauflächen errichtet das Team der Nyota Gärtner sogenannte „Food Forest“ – Waldgärten, die langfristig einen großen Beitrag leisten können (mehr dazu in diesem Beitrag). So können die Erträge sowie die Versorgung der Kinder und des Teams sichergestellt werden. Damit zukünftig für sichere Trinkwasserqualität gesorgt ist, ist nun der neue und wartungsarme Wasserfilter „PAUL“ aus Deutschland im Einsatz, der das Brunnenwasser durch eine Membrantechnologie filtert.

Teile des Nyota Schulgartens werden in einen „Food Forest“ umgewandelt

Sauberes Trinkwasser dank des Nyota Brunnens und dem neuen Wasserfilter PAUL

Wasserfilter PAUL für die Nyota KiTa

PAUL steht für Portable Aqua Unit for Lifesaving. Der Wasserrucksack PAUL ist ein tragbarer MembranWasserfilter zur humanitären Hilfe und Trinkwasserversorgung. Das Gerät ermöglicht eine durchschnittliche Filtermenge von 1200 Litern Wasser pro Tag. Der durch die Bauhöhe von etwa 1,15 Meter gegebene Wasserdruck presst das Wasser durch die Membran mit einer Porenweite von 20 bis 100 nm und filtriert es dadurch. Trubstoffe werden praktisch vollständig, Bakterien mit einem Wirkungsgrad von über 99,999 % (Messung Institut Fresenius, E. coli und Coliforme) und Viren zu über 99,9 % (Messung Universität Bonn, Coliphagen) zurückgehalten. Das Filtergerät wurde im Fachgebiet Siedlungs-wasserwirtschaft im Fachbereich Bauingenieur-wesen der Universität Kassel entwickelt und durch die Deutsche Bundesstiftung Umwelt gefördert. Der Filter ist in vielen Gebieten der Welt im Einsatz. Bei Nyota wurde er zunächst in das Wassersystem zur Versorgung der Kindertagesstätte integriert, wir prüfen jedoch die Möglichkeiten für weitere Einsatzorte in der Umgebung vor Ort. Die Kosten für einen Filter inkl. Transport und Einfuhr belaufen sich auf knapp 2.500€.

Danke liebe Tanja, für den Hinweis auf PAUL und danke an Prof. Frechen für die freundliche Beratung!

Foto: Von Fgsww, University of Kassel – Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=19229236
Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Wasserrucksack

Die Lage in für die Familien in Kenia bleibt auf ungewisse Zeit angespannt. Um den Kindern und Familien vor Ort helfen zu können, brauchen wir weitere Unterstützung und sind über Spenden und Förderpatenschaften zur Unterstützung der Nyota Projekte sehr dankbar. Auch suchen wir weiterhin Schulpat:innen für die Primary Kinder. Kontaktieren Sie uns gerne bei Fragen. Zum vorherigen Beitrag zu den Waldgärten, den sog. „Food Forests“ geht es hier.

Text: Marie Lechler, Fotos: Valentine Ochieng, Alexander Krziwanie